
Hunde nicht isolieren – warum soziale Vielfalt überlebenswichtig ist
Als Tierpsychologin und Verhaltenstherapeutin erlebe ich immer wieder Hunde, die nur ihrem eigenen Menschen vertrauen – und niemandem sonst. Sie lassen sich weder von fremden Personen anfassen noch von Artgenossen entspannt begegnen.
Oft steckt dahinter keine „böse Absicht“, sondern schlicht fehlende Gewöhnung und Erfahrung.
Doch genau das kann im Notfall fatale Folgen haben.
Wenn Nähe zur Hürde wird
Stell dir vor, dein Hund muss dringend zum Tierarzt, du selbst bist nicht erreichbar oder verletzt. Plötzlich ist da ein Helfer, der ihn ins Auto heben oder medizinisch versorgen muss – und dein Hund weicht panisch zurück, schnappt oder flieht. Jede Sekunde zählt, aber die Angst blockiert alles.
Ähnlich kritisch kann es bei Feuer, Unfällen oder anderen Gefahrensituationen werden. Ein Hund, der keinen Kontakt zu anderen Menschen zulässt, ist im Ernstfall schwer zu sichern.
Besondere Herausforderung: Einzelhaushalte & wenig Sozialkontakte
Gerade Menschen, die alleine leben oder selbst wenig Kontakt zu anderen haben, laufen unbemerkt Gefahr, dass ihr Hund ebenfalls ein sehr eingeschränktes soziales Umfeld entwickelt.
Oft fällt es gar nicht auf – bis der Ernstfall eintritt.
Hier braucht es bewusst geplante soziale Erfahrungen:
Regelmäßige Begegnungen ermöglichen – auch wenn es anstrengend wirkt, z. B. durch Hundeschulen, Spaziergänge mit Bekannten oder Nachbarn.
Vertrauenspersonen aufbauen – mindestens 2–3 Menschen, die der Hund kennt und denen er sich annähern kann.
Tierarzt- und Pflegetrainings – verschiedene Personen dürfen den Hund kurz berühren, Leckerchen geben oder ihn halten.
Betreuungssituationen üben – den Hund gelegentlich bei einer anderen Person lassen, auch wenn es nur für kurze Zeit ist.
So bleibt dein Hund im Verhalten flexibel – und du hast die Sicherheit, dass er im Notfall auch ohne dich gut betreut werden kann.
Hunde brauchen mehr als „ihren“ Menschen
Hunde sind soziale Lebewesen – nicht nur im Bezug auf uns, sondern auch im Umgang mit Artgenossen. Wer ihnen die Möglichkeit nimmt, soziale Kompetenzen zu trainieren, riskiert, dass sie unsicher, misstrauisch oder gar aggressiv reagieren, wenn sie auf Fremdes treffen.
Das bedeutet nicht, dass jeder Hund jeden mögen muss. Aber er sollte gelernt haben, fremden Menschen und Hunden gelassen zu begegnen – und zumindest eine Grundakzeptanz zuzulassen.
Zusammenfassend:
Ein Hund, der nicht nur dir, sondern auch ausgewählten anderen Menschen vertraut, ist im Alltag entspannter – und im Notfall besser zu helfen.
Gerade, wenn dein eigenes soziales Umfeld klein ist, liegt hier eine besondere Verantwortung. Soziale Sicherheit ist kein Luxus – sie kann im Ernstfall Leben retten.