Wenn ein Hund im System verloren geht - und Fragen offen bleiben -

In Deutschland steht die Tiermedizin zunehmend vor großen strukturellen Veränderungen –

-nicht nur durch steigende Kosten und Personalmangel, sondern auch durch wirtschaftlichen Druck, der vielerorts wahrgenommen wird.

Viele Tierhalter haben den Eindruck, dass Einrichtungen, die früher in erster Linie Orte der Heilung waren, heute stärker betriebswirtschaftlichen Vorgaben folgen.

Besonders im Bereich der Mittelmeerkrankheiten berichten Betroffene immer wieder von Erfahrungen, bei denen beworbene Fachkompetenz und praktische Umsetzung nicht übereinzustimmen scheinen.

Ein häufiger Kritikpunkt ist, dass bei Erkrankungen wie Leishmaniose oder Anaplasmose zunächst umfangreiche diagnostische Abklärungen durchgeführt werden, während eine gezielte Behandlung erst spät oder gar nicht eingeleitet wird. Tierhalter schildern Fälle, in denen kostspielige Untersuchungen wie MRT, CT, Biopsien oder Spezialanalysen empfohlen wurden, ohne dass zuvor ein klarer therapeutischer Plan für die bereits bekannten Mittelmeerkrankheiten erstellt wurde.

Diese Erfahrungen werden von vielen als finanziell belastend und emotional schwer auszuhalten beschrieben. Der Eindruck entsteht, dass wirtschaftliche Aspekte – etwa die Nutzung vorhandener Geräte oder umfangreicher Diagnostik – in Einzelfällen stärker in den Vordergrund rücken könnten als eine unmittelbare symptomorientierte Therapie.

Dies sind subjektive Wahrnehmungen, die Tierhalter in zunehmender Zahl äußern, insbesondere seit große Klinikverbünde und private Betreiber im Tiermedizinmarkt präsenter geworden sind.

Ich habe über zwei Monate hinweg eine Hundehalterin begleitet, deren Hund an mehreren Mittelmeerkrankheiten litt. Während der insgesamt mehr als viermonatigen tierärztlichen Odyssee erlebte sie, dass die Aussagekraft bestimmter Tests unterschiedlich bewertet wurde und trotz deutlicher klinischer Symptome nicht alle Behandlungsoptionen ausgeschöpft wurden.

Ihre Schilderungen zeigen, wie belastend es für Halter sein kann, wenn Diagnostik und Therapie nicht klar erkennbar zusammengeführt werden. Die Kosten für wiederholte Untersuchungen stiegen stark an, doch der Hund erhielt aus Sicht der Halterin keine ausreichende Behandlung seiner Grunderkrankungen.

Am Ende verstarb er – ein Verlust, der sie tief getroffen hat und sie bis heute beschäftigt. Ihre Wahrnehmung war, dass diesem Hund möglicherweise früher hätte geholfen werden können.

Auch andere Tierhalter berichten über ähnliche Erfahrungen. Wer nachfragt, um Aufklärung bittet oder Unsicherheiten äußert, fühlt sich bisweilen als „schwierig“ wahrgenommen.

Manche schildern, dass ohne Vorauszahlung keine Behandlung eingeleitet wurde oder dass sie durch Zuschläge und eingeschränkte Notdienste vor zusätzliche Herausforderungen gestellt waren. Viele empfinden eine Diskrepanz zwischen der erhofften empathischen, partnerschaftlichen Kommunikation und dem tatsächlichen Erleben in stressreichen Situationen.

Diese Berichte bedeuten nicht, dass alle Kliniken oder Tierärzte so arbeiten – im Gegenteil. Es gibt zahlreiche engagierte Tierärztinnen und Tierärzte, die täglich Außergewöhnliches leisten. Doch die zunehmende Anzahl ähnlicher Rückmeldungen lässt eine gesellschaftliche Diskussion notwendig erscheinen.

Wie schaffen wir ein System, in dem Tiermedizin sowohl wirtschaftlich tragfähig als auch tier- und halterorientiert bleibt?

Wie kann Transparenz gefördert werden, damit Diagnostik und Therapie nachvollziehbar und vertrauensvoll ineinandergreifen?

Und wie stellen wir sicher, dass Tiere – die selbst keine Stimme haben – im Mittelpunkt jeder Entscheidung stehen?

Viele Halter wünschen sich mehr Orientierung, mehr Aufklärung und mehr Empathie. Denn unabhängig von ökonomischen Rahmenbedingungen sollte die Frage im Zentrum stehen:

Wie gelingt es, Tierwohl, medizinische Verantwortung und wirtschaftliche Realität bestmöglich miteinander zu verbinden?

Hinweis: Die geschilderten Inhalte basieren auf Einzelfallerfahrungen sowie subjektiven Wahrnehmungen von Tierhaltern. Sie sollen auf strukturelle Herausforderungen aufmerksam machen und ersetzen keine tierärztliche Beratung.