Hund und Hormone

Was machen Hormone mit dem Hund?

Unsichtbare Kräfte – und wie sie das Verhalten deines Hundes beeinflussen.

Wir sehen sie nicht. Wir hören sie nicht. Und doch steuern sie täglich das Verhalten deines Hundes, die Hormone. Diese kleinen Botenstoffe sind stille Mitspieler in vielen Situationen – ob dein Hund entspannt schnüffelt, plötzlich bellt, nervös auf Besuch reagiert oder voller Freude durch den Wald hüpft.

Wenn wir Hunde besser verstehen wollen, reicht es nicht, nur das Verhalten „von außen“ zu betrachten. Denn oft beginnt alles im Inneren – im hormonellen System. In diesem Artikel erfährst du, welche Hormone das Verhalten deines Hundes prägen – und warum dieses Wissen für eine ganzheitliche Hundepsychologie so wertvoll ist.

Hormone – kleine Moleküle mit großer Wirkung

Hormone sind chemische Botenstoffe, die im Körper produziert und über das Blut verteilt werden. Sie beeinflussen, wie sich dein Hund fühlt, wie er auf Reize reagiert – und wie er mit dir und seiner Umwelt in Beziehung tritt.

Das Faszinierende ist, daß Hormone ständig im Hintergrund wirken, ohne dass wir es bemerken – und doch können sie der Schlüssel sein, wenn ein Hund plötzlich ängstlich, reizbar oder unerwartet still wird.

Die wichtigsten Hormone beim Hund – und was sie auslösen können:

Cortisol – wenn Stress zum Dauerzustand wird

Cortisol ist das klassische Stresshormon. Es wird aktiviert, wenn der Hund Unsicherheit, Lärm, Schmerz oder Überforderung erlebt.

Kurzfristig hilft es, den Körper auf „Gefahr“ einzustellen.

Langfristig kann es das Verhalten massiv verändern: Schlafstörungen, Reizbarkeit, übermäßiges Bellen, Unruhe oder Rückzug sind mögliche Folgen.

Adrenalin & Noradrenalin – Alarm im Körper

Diese Hormone lösen die berühmte „Kampf-oder-Flucht“-Reaktion aus. Herzschlag und Muskeltonus steigen – der Hund ist im Alarmmodus.

Für kurze Zeit sinnvoll.

Aber wenn dein Hund ständig „unter Strom“ steht, lohnt sich ein Blick auf diese Auslöser.

Oxytocin – Bindung, Vertrauen und Entspannung

Das sogenannte „Kuschelhormon“ wird ausgeschüttet, wenn dein Hund engen, positiven Kontakt zu dir hat – etwa beim Kuscheln, liebevollen Blickkontakt oder gemeinsamen Entspannen.

Es stärkt die Bindung, senkt Stress und fördert soziales Verhalten.

Besonders wichtig für unsichere Hunde!

Testosteron – Stärke, Rivalität, Selbstbewusstsein

Bei Rüden ist Testosteron für die Ausbildung männlicher Merkmale zuständig – und beeinflusst Verhalten wie Dominanz, Revierverhalten oder Konkurrenzverhalten.

Aber, Testosteron ist nicht gleich Aggression.

Kastration ist kein „Schalter“, sondern ein Eingriff in ein sensibles Gleichgewicht – mit Chancen und Risiken.

Östrogen & Progesteron – Hormone der Hündin

Diese Hormone steuern nicht nur den Zyklus, sondern auch das Verhalten von Hündinnen – insbesondere rund um die Läufigkeit.

Viele Hündinnen werden anhänglicher, sensibler oder sogar gereizter.

Auch die Scheinträchtigkeit ist hormonell gesteuert – inklusive Nestbau, Futterverweigerung oder Spielzeug-Hüten.

Serotonin – das innere Gleichgewicht

Serotonin wirkt wie ein emotionaler Stabilisator im Gehirn. Es beeinflusst Stimmung, Impulskontrolle, Gelassenheit.

Ein Mangel kann sich zeigen durch Ängste, Zwangsverhalten oder Überreaktionen.

Gute Nachrichten: Serotonin kann auf natürliche Weise gefördert werden – mit gezielten Übungen (z. B. Nasenarbeit, Kauen, Entspannung, Training mit Erfolg).

Doch was, wenn das Gleichgewicht kippt?

Viele Hundehalter merken es zuerst „am Verhalten“ –doch dahinter kann ein hormonelles Ungleichgewicht stehen.

Beispiele:

Plötzliche Verhaltensveränderung ohne erkennbaren Auslöser

Extreme Stimmungsschwankungen

Übermäßiger Stress oder Ängstlichkeit

Verändertes Fress-, Spiel- oder Sozialverhalten

In solchen Fällen lohnt sich eine ganzheitliche Betrachtung – inklusive tierärztlicher Abklärung. In der Tierpsychologie sollte eng mit Tierärzten zusammengearbeitet werden, um körperliche und seelische Ursachen differenziert betrachten zu können.

Hormone im Wandel – Lebensphasen & Verhalten

Der Hormonhaushalt eines Hundes verändert sich über das gesamte Leben.

Welpenzeit: Aufbau von Bindung, Neugier, Lernen – viel Oxytocin & Wachstumshormone

Pubertät: Schwankende Sexualhormone – Reifung, Selbstständigkeit, Konflikte

Erwachsen: Stabilisierung der Persönlichkeit

Alter: Rückgang vieler Hormone – manchmal Unsicherheit, kognitive Veränderungen

Wenn sich Verhalten im Laufe des Lebens ändert, lohnt sich also immer auch der Blick auf die biochemischen Prozesse dahinter.

Zusammenfassend lässt sich sagen, Verhalten beginnt im Inneren!

Erziehung, Training und klare Kommunikation sind wichtig – aber sie greifen nur dann wirklich, wenn auch der körperliche Zustand deines Hundes stimmt.

Hormone sind keine Ausrede für Verhalten – aber oft ein fehlendes Puzzlestück, wenn wir das „Warum?“ verstehen wollen.

Neugierig geworden?

Oder hast du das Gefühl, dein Hund ist „irgendwie anders“ – und keiner weiß warum?

Dann schreib mir gerne.

Oft beginnt Veränderung nicht im Hundetraining – sondern im Verständnis.