Mittelmeer-Erkrankungen

Mittelmeer-Erkrankungen und in Deutschland weniger verbreitete Erkrankungen spielen bei vielen Auslandstierschutz-Vermittlungen und Adoptionen, eine große Rolle. Dennoch kennen sich einfach sehr viele zu diesem Themengebiet nicht gut aus.

Hier möchte ich die häufig auftretenden Erkrankungen auflisten:

Leishmaniose (Leishmania infantum)

Sandmücken übertragen den einzelligen Parasiten Leishmania infantum, der sich vor allem in Südeuropa, Nordafrika und dem Nahen Osten, inzwischen aber auch punktuell in Mitteleuropa etabliert hat. Betroffene Hunde zeigen häufig schleichend Gewichtsverlust, schuppende Hautläsionen („Brillenbildung“ um Augen / Nase), vergrößerte Lymphknoten und später Nierenprobleme.

Die Diagnose stützt sich auf den Gesamt­befund aus Antikörper‑Nachweis (ELISA / IFAT), PCR (Blut oder Lymphknoten) und klinischer Chemie. Leitlinien empfehlen Allopurinol ± Miltefosin oder Meglumin‑Antimonat je nach Krankheitsstadium, begleitet von Halbjahres‑Kontrollen.

Wichtig: Das klinische Bild steht immer über dem Laborwert. Ein positiver Titer ohne Symptome erfordert kein sofortiges Eingreifen, während ein krank wirkender Hund mit zweifelhaftem Test umgehend behandelt werden sollte.

Ehrlichiose (Ehrlichia canis)

Die braune Hundezecke (Rhipicephalus sanguineus) überträgt das Bakterium E. canis, das die weißen Blutkörperchen befällt. Typische Zeichen sind Fieber, Nasenbluten, Abgeschlagenheit und Thrombozytopenie; chronisch können Gewichtsverlust und Augen‑ oder Nerven­probleme folgen.

Bestätigt wird die Erkrankung durch Serologie oder PCR in Kombination mit Hämogramm. Erste Wahl ist Doxycyclin (10 mg/kg) mindestens 28 Tage; je früher begonnen wird, desto besser die Prognose.

Wichtig: Das klinische Bild steht immer über dem Laborwert. Thrombo­zytopenie und Fieber bei Reisehund → behandeln, auch wenn der erste Antikörpertest noch negativ ist.

Babesiose (Babesia canis / B. gibsoni)

Zecken wie Dermacentor bzw. Rhipicephalus schleusen die Blut­parasiten ein, die Erythrozyten zerstören. Akut treten hohes Fieber, dunkelbrauner Urin, Ikterus und Kollaps auf; chronisch sind Rückfälle möglich.

Diagnose per Blutausstrich oder PCR. Behandelt wird meist mit Imidocarb (2 Injektionen à 6,6 mg/kg) plus Infusions‑/Schocktherapie; kleine Babesien erfordern oft Kombi‑Protokolle.

Wichtig: Das klinische Bild steht immer über dem Laborwert. Ein typischer „Coca‑Cola‑Urin“ gilt als Notfall – Therapie nicht von PCR‑Ergebnis abhängig machen.

Anaplasmose (Anaplasma phagocytophilum)

Übertragen durch Ixodes-Zecken, befällt der Erreger Granulozyten. Klinisch dominieren Fieber, Gelenkschmerzen / Lahmheit, Apathie und Thrombo­zytopenie; oft verlaufen Infektionen mild oder subklinisch.

Der Nachweis erfolgt durch Antikörper‑Schnelltest oder PCR. Therapie: Doxycyclin 10 mg/kg p. o. 14–28 Tage; bei rein seropositiven, symptom­losen Hunden genügt engmaschige Beobachtung.

Wichtig: Das klinische Bild steht immer über dem Laborwert. Ein hoher Antikörpertiter ohne Befund ist kein Grund für Anti­biotika – Lahmheit und Fieber schon.

Dirofilariose (Dirofilaria immitis, Herzwurm)

Stechmücken übertragen Larven, die sich zu bis zu 30 cm langen Würmern im rechten Herzen entwickeln. Folgen sind Husten, Atemnot, Leistungs­abfall bis hin zu Rechtsherzinsuffizienz.

Diagnostik: Antigen‑Test + Mikrofilariennachweis, Thoraxröntgen / Echo zur Stadien‑Einordnung. Standard­therapie laut AHS 2024: Doxycyclin (4 Wo.) + Makrozyklischer Lacton, gefolgt von 3‑Dose‑Melarsomin‑Schema; Bewegung strikt einschränken.

Wichtig: Das klinische Bild steht immer über dem Laborwert. Ein Antigen‑positiver Hund ohne Symptome braucht trotzdem eine vollständige (aber angepasste) Therapie – andersherum kann ein klinisch schwerkranker Hund bei sehr früher Infektion noch antigen‑negativ sein.

Zusätzliche Infektionserkrankungen

Staupe (Canine Distemper)

Das Canine‑Distemper‑Virus (CDV) ist weltweit verbreitet und betrifft Hunde sowie zahlreiche Wild­karnivoren. Infektion erfolgt über Aerosole oder Körper­sekrete. Klinisch zeigt sich zunächst Fieber, Bindehaut­entzündung, Schnupfen, später Husten, Erbrechen und Durchfall; in schweren Fällen folgen neurologische Auffälligkeiten („Staupe‑Tics“) oder Hyperkeratose von Nase und Ballen. 2022‑25 wurden in mehreren europäischen Wild­populationen erneut größere Ausbrüche registriert, was auf Impflücken und verstärkten Hunde‑Wildtier‑Kontakt hinweist.

Diagnose: RT‑PCR aus Konjunktival‑ oder Nasenabstrich, Serum‑AK‑Titer sowie Bildgebung (Thorax‑Röntgen, CT bei ZNS‑Beteiligung). Therapie ist rein symptomatisch (Flüssigkeit, Antikonvulsiva, Antibiotika gegen Sekundär­infektionen); Prognose hängt von Virulenz, Alter und Immunstatus ab.

Prävention: Laut WSAVA‑ und AAHA‑Leitlinien (Updates 2024) gehört die CDV‑Impfung zu den globalen Core‑Vakzinen; Grund­immunisierung bis zur 16. Woche im 2‑4‑Wochen‑Intervall, erste Auffrischung nach 12 Monaten, dann alle 3 Jahre.

Parvovirose (CPV‑2 a/b/c)

Canines Parvovirus Typ 2 verursacht hoch­kontagiöse, oft tödliche Gastro­enteritis, vor allem bei Welpen. Neuere Studien zeigen, dass in Europa weiterhin CPV‑2c dominiert, während 2025 in einzelnen Regionen neue Abkömmlinge von CPV‑2b auftauchen; aktuelle Core‑Vakzinen schützen jedoch zuverlässig.

Übertragung: orofäkal über massiv umwelt­stabile Viren; Inkubation 3–7 Tage. Symptome beginnen abrupt mit Fieber, blutigem Durchfall, Erbrechen und rascher Dehydrierung; bei Welpen kann auch eine Myokarditis auftreten.

Diagnose: Antigen‑Schnelltest im Kot oder quantitative PCR. Therapie: aggressive Flüssigkeits‑/Elektrolyt­substitution, Antiemetika, Breitspektrum-Antibiotika gegen bakterielle Trans­lokation, frühe Enteral­fütterung; neue inaktivierte Adjuvanz-Impfstoffe (2024) zeigen reduzierte Virusausscheidung.

Prävention: konsequente Core‑Impfserie bis ≥16 Wo., Wiederholungs­dosis nach 1 Jahr, danach i. d. R. alle 3 Jahre; in Hochrisiko­zuchten evtl. alle 2 Jahre. Strikte Hygiene (viruzide Desinfektion) bleibt unerlässlich.

Schlussgedanke

Man muss kein Spezialist für Tropen­medizin sein – doch ein solides Grund­wissen und der Mut, das klinische Gesamt­bild ernst zu nehmen, machen den Unterschied zwischen rechtzeitig helfen und zu spät reagieren.

Bitte informieren Sie sich gut, welchen Tierarzt oder welche Tierklinik Sie zu Rate ziehen. Hier spielen Erfahrungen ein ganz wichtige Rolle. Oft kann man Ihnen auch von Seiten der vermittelnden Tierschutzorganisation beratend zur Seite stehen, da diese meistens vielfache Erfahrung mit diesen Erkrankungen haben oder sich vor Ort mit deren Spezialisten beraten können.

Bleiben Sie wachsam und offen für Rat.

Schreiben Sie mir gerne bei Fragen. Ich versuche Sie zu unterstützen oder Sie an professionelle Stellen weiterzuleiten.